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Historische Entwicklung

Heinz Rentsch

Mit Beginn der aktiven Denkmalpflege, in der Mitte des 19. Jahrhunderts wurden exaktere Forschungen an historischer Bausubstanz im Allgemeinen betrieben und zusammengetragen, da das Wissen um sie fast verlorengegangen war. Nach dem 2. Weltkrieg wurden durch das Institut für Denkmalpflege in der damaligen DDR alle noch vorhandenen Forschungsdokumente gesammelt und damit dazu beigetragen, dass eine Weiterbearbeitung des Themas Volksbauweise und damit auch die Spezialstrecken der "Blockbauweise, Umgebindebauweise, oder Fachwerkbauweise" fortgeführt werden konnte. Das war nicht nur für die Reparatur, sondern auch für die Pflege, wozu die Konservierung und Farbgebung zählen, von Wichtigkeit. Aus alten Unterlagen konnte man viel über die Forschung von Wissenschaftlern, Architekten, Handwerkern und Laien erfahren, die sich mit Enthusiasmus der Geschichte der Umgebindehäuser und ihrer Entwicklung widmeten - in der Hoffnung, so zur Aufklärung über den Wert dieser Häuser beizutragen. Auch heute gilt noch, dass eine exakte Untersuchung der Bausubstanz durch einen Fachmann der Denkmalpflege mit jahrelanger Berufserfahrung (Handwerker, Restaurator, Sachverständiger der Handwerkskammer) vor Beginn der Renovierungs-, Restaurierungs- oder Umbaumaßnahme die preiswerteste und sicherste Baumaßnahme gewährleistet. Hier sollte man sich nicht auf den Rat des Händlers oder Verkäufers von Baumaterialien stützen, wenn er nicht denkmalpflegerisch fachlichen Höchststand vertritt und er keine entsprechenden langjährigen Referenzen nachweisen kann. Auch Freunde und Bekannte, die selbst ein Umgebindehaus besitzen, sind nicht immer gute Ratgeber. Die Diagnose kann auch an ähnlichen Gebäuden sehr unterschiedlich und nicht immer miteinander vergleichbar sein. Der Rat des erfahrenen Fachmannes und Denkmalpflegers kann preiswerter sein, als eine falsche Sanierung. Die Denkmalschutzbehörden können entsprechend dem Bedarf vermitteln.
 

Das Leben im Umgebindehaus mit historischen und neuen Anstrichstoffen

Am Umgebindehaus können alte, aber auch moderne Anstriche eine Berechtigung haben, wenn sie auf die historische Bausubstanz eingestellt sind. Man sollte sich daher auf den untersuchenden Fachmann verlassen, der eine Auswahl historischer, aber auch moderner Baumaterialien nennen kann, welche die Lebensqualität im Umgebindehaus erhalten oder wiederherstellen können. Die Verwendung historisch bekannter Baustoffe ist nicht gleichbedeutend mit dem Verlust moderner Wohnqualität. Mit ihnen lassen sich alle gewünschten Anforderungen auf Wärmedämmung, Heiztechnik, gutes Raumklima, Allergieneutralität bis hin zur Farbgebung und Gestaltungstechnik herstellen. Oftmals sind es alte Gestaltungstechniken, die in unserem "modernen Lebensstil" wieder Einzug gefunden haben. Die Anwendung historischer Baustoffe im Umgebindehaus kann alle Bedürfnisse ihrer Bewohner wie Gemütlichkeit, Behaglichkeit, Wohlbefinden, gesundes Wohnen und moderne Lebensart miteinander verbinden. Dazu können Baukonservierungs- und Anstrichstoffe wie mineralische Farben und Naturöle einen erheblichen Teil beitragen. Mit dieser Aussage sollen moderne Baustoffe nicht aus unserem Lebensraum verbannt werden. Auch sie haben an dafür geeigneten Untergründen, richtig eingesetzt, ihre Berechtigung.

Geschichte, Bauforschung und Materialentwicklung sind ein ständiger Fortschreibungsprozess. Auch die Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der Farbigkeit und des Farbmateriales müssen aus dem Blickwinkel und Erkenntnisstand ihres Betrachters gesehen werden. Vom Verfasser dieses Artikels wird aufbauend auf einer 50-jährigen Berufserfahrung als Maler, Handwerks- meister und berufener Sachverständiger im Handwerk und der Denkmalpflege der Versuch unternommen, diese Erkenntnisse früherer Forschungen für den Leser aufzuarbeiten und sie mit dem jetzigen Wissenstand des Verfassers zu erweitern. Dieser Beitrag ist eine kurze Zusammenfassung der bisherigen Forschungen und soll dem Laien einen kleinen Gesamtüber- blick zur Thematik Farbgebung aufzeigen. Dabei werden mitunter frühere Veröffentlichungen auf der Grundlage neuer Erkenntnisse geringfügig korrigiert sowie neue hinzugefügt. Neue Hinweise auf regionale Besonderheiten werden die Forschung auf diesem Gebiet noch vorantreiben und erweitern.
 

Die Entwicklung der Farbgebung vom Urtyp, dem Blockhaus bis zum gemischten Bau, dem Fachwerk- und Umgebindehaus.

Der Einsatz von Holzschutzmitteln, die Farbgestaltung und die Anstrichtechniken im Block- und Umgebindehausbau unterlag immer den jeweiligen Bedürfnissen ihrer Erbauer und Weiternutzer, ihrer sozialen Entwicklung und technischen Möglichkeiten bei der Herstellung von Farben, Anstrichstoffen und Werkzeugen. Erkenntnisse dazu wuchsen auf der Grundlage von Forschungsarbeiten in den letzten 150 Jahren. Vieles an Dokumenten ging in Kriegen wieder verloren und Wissensträger kamen ums Leben, bevor sie Ihre Erkenntnisse gesichert weitergeben konnten. Die Denkmalpfleger machten es sich zur Aufgabe, die Verluste wieder aufzuholen. Unvermeidliche Gebäudeabrisse sind dabei schätzenswerte Fundgruben und Forschungsmöglichkeiten auf diesem Gebiet.
 

Der Blockhausbau

Unsere Vorfahren bauten ihre Häuser für sich und später auch für ihre Haustiere zum Schutz vor Witterung und wilden Tieren. Der Schutz vor Verfall und die Farbgebung war damals sehr bescheiden. Das können wir heute noch in den Blockbauhäusern der Ober- und Niederlausitz bis hin in den Spreewald verfolgen, wo sie manchmal noch in dieser Form erhalten sind. Blieb der Blockbau anfänglich unverputzt, wurde er später mit Tierhaaren oder Pflanzenmaterial abgedichtet und mit Lehm verschmiert. Bald merkte man, dass man mit mineralischen Materialien wie Kalk die Haltbarkeit der Lehmverputze im Außenbereich und die Lichtverhältnisse im Innenbereich durch weiße Auskalkungen enorm verbessern konnte. Der Einsatz von Pflanzenölen an der Holzkonstruktion verbesserte den Holzschutz. Die Baustoff- und Farbpalette erweiterte sich. Dabei beschränkte man sich hauptsächlich auf vor Ort gewinnbare Dichtstoffe und Anstrichmaterialien. Heimisches Holz lieferte nicht nur Baumaterial, sondern auch Harz, Pech, Lösemittel und Späne als Dämmung sowie Dachdeckung (Schindel). Steine und Lehm waren als Baustoffe vorhanden. Sogar Raseneisenerz und Torf sowie junge, oberflächliche Braunkohle, konnten als Rohstoffe abgebaut und veredelt werden. Sparsamkeit war jedoch immer oberstes Gebot, da man Pflanzenöle, Pflanzenfasern, Tierhaare und Fette auch noch als Nahrungsmittel und für die Kleiderherstellung nutzte. Die Bausubstanz musste der Witterung möglichst lange standhalten und musste pflegeleicht sein.
 

Der Umgebinde- und Fachwerkhausbau

Mit dem Einzug der Umgebindebauweise veränderte sich jedoch auch die Oberflächenbehandlung der Bausubstanz schrittweise. So erfuhren die äußeren und zum Teil auch die inneren Holzteile wohl meistenteils noch bis in das 18. Jahrhundert hinein immer nur einen Holzschutz und eine Konservierung mit einer Holzsichtigkeit. Zum Teil hielt diese sich je nach Standort des Gebäudes, ob Dorf oder Kleinstadt, bis zum Ende des 20. Jahrhunderts. Bald zog jedoch aus den weiterentwickelten Städten auch die Farbigkeit in die Häuser der Kleinstädte und der dörflichen Region ein. Ölfarben und Kaseinfarben wurden entwickelt, um einer stärkeren Farbigkeit Rechnung tragen zu können. Die Dekorationstechniken und wertvollen Malereien hielten auch in den dörflichen Regionen Einzug.