Eine besondere Art der Rettung eines gefährdeten Umgebindehauses: Die Umsetzung (Anastylose)
(Lit. 4r, 14)
Ist ein denkmalgeschütztes Haus nicht mehr für eine Neunutzung zu retten, so wird in bestimmten Fällen eine Umsetzung an einen anderen Ort bevorzugt. In der Regel betrifft es Denkmäler, die von außen gefährdet sind, z.B. durch infrastrukturelle Änderungen (Stausee, Wegeplanung, Tagebau, Großflughafen). Politisch werden die infrastrukturellen Maßnahmen dann als übergeordnet eingestuft, wenn die Einspruchmöglichkeiten beim Amt oder vor Gericht ausgeschöpft sind.
In Rietschen gibt es eine Ansammlung von Schrotholzhäusern aus Dörfern, die dem Tagebau zum Opfer fielen, mit dem ehemaligen Erlichthof als wichtigstes Ensemble. Darunter befinden sich auch Umgebindehäuser. Die Schrotholzhäuser, meist reine Blockbauten, ähnlich wie Fachwerkhäuser, eignen sich gut für Umsetzungen, da sie ursprünglich als Baukasten zusammengesetzt waren und die Balken Abbundzeichen enthalten. Abbundzeichen sind einfache Kerbzahlen im Holz, aus denen man auf die zueinander passenden Teile und die Reihefolge der Binderebenen schließen kann. Vor der Umsetzung werden die Teile an Hand einer Planzeichnung durchnummeriert und die Ziffern durch angenagelte Metallplättchen gekennzeichnet.
Ein großer Vorteil dieser Vorgehensweise ist es, dass verfaulte Stellen in der Konstruktion hervortreten und diese ausgewechselt werden können. Die Anastylose birgt ein großes Problem für den Historiker. Der Umgebungswechsel bewirkt, dass die ursprüngliche Bedeutung des Umgebindehauses in seiner Ansiedlung nicht mehr ablesbar ist. Es fehlt der Baum und die selbst gepflanzte Hecke die gegen Wind schützten, die Wegeführung in Hinblick auf die Kirche, die Sichtachsen, der sonnige Platz mit einer Sitzbank. Wie vieles beim aktiven Eingriff der Denkmalpflege, bedeutet die Anastylose den Gang nah entlang der Geschichtsfälschung. Sorgfältige Dokumentationen in Bild, Planunterlagen und Beschreibung dürften diese Gefahr etwas lindern.