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Voraussetzungen für eine Sanierung

Unerlässlich für jeden Eingriff in zu erhaltende Bausubstanz ist die genaue Dokumentation der Situation vor der Sanierung, die Bestandsaufnahme. Sie gehört laut Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) zu den besonderen Leistungen in Ergänzung zur Leistungs-phase 1, der Grundlagenermittlung. Die Arbeiten der Bestandsaufnahme sind besonders abzurechnen. Dieser Umstand, dass die Kosten nicht direkt bei der Grundlagenermittlung (3 % der Architektenleistung) abzurechnen sind ist verständlich, da der benötigte Aufwand, je nach Sanierungsfall, sehr unterschiedlich sein kann. Andererseits sollte dem Bauherrn vom Architekten erläutert werden, dass hier ein unerwarteter Arbeitsaufwand entstehen kann.

Es gibt zwei aneinander gekoppelte Arbeitsbereiche. Die Baubeschreibung erfasst die Geschichte des Hauses in Wort und Bild und die Bauaufnahme stellt das Haus zeichnerisch nach dem Ist-Zustand dar. Mit dem Bauantrag wird die Baubehörde beides vom Hausherren abfordern. Im normalen Vorgang werden sie vom Architekten und Bauingenieuren bearbeitet, in speziellen Fällen auch von Büros für Bauforschung. Die anschließende Bauzustandsanalyse enthält Einschätzungen zu gesunden und schadhaften Partien. Sie ist vor allem wichtig zur Einschätzung des zu erwarteten Sanierungsaufwandes (Verhältnis „Sanierung / Neubau“), und sie hat große Auswirkungen auf die Möglichkeiten der Umgestaltung eines Hauses.

Baubeschreibung

Für die Baubeschreibung werden zunächst alle Unterlagen, welche sich noch im Besitz des Eigentümers befinden, zusammengestellt. Von großer Wichtigkeit sind dabei scheinbar zufällige Zeitzeugnisse, etwa Familienfotos um das Haus, Quittungen zum Einbau eines Ofens, Sanierungsdaten zum Haus usw.
Bei Bürgerhäusern gehört normalerweise eine Kopie der Eingabepläne oder älterer Bauaufnahmen in die „Hausmappe“, aber leider stellt sich immer wieder heraus, dass bei Umgebindehäusern solche Zeichnungen fehlen. Das rührt wohl daher, dass Umgebindehäuser, ähnlich wie Scheunen und einfache Bauernhäuser, mehr oder weniger in Selbstbau entstanden sind.
Im Dorf gab es meist einige Leute, zum Beispiel einen Schmied oder Tischler, die wussten wie man Umgebindehäuser baute, Unterlagen dazu brauchte man in einer solchen Arbeitsorganisation kaum.

Die Datensuche geht weiter im zuständigen Bauaktenarchiv, das für eine Gemeinde außerhalb, durchaus in Zittauer oder Löbauer Obhut sein kann. Dort gibt es – im Normalfall – zu jedem bebauten Gelände eine Akte mit der jeweiligen Brandkatasternummer. Der Akteninhalt zeigt Baumaßnahmen auf, wie die Ausführung des Sanitärbereichs, eines Zaunes oder eines Anbaus. Meist wurden diese aber erst ab dem späten 19. Jh. konsequent behördlich erfasst. Leider sind viele Archive durch Krieg, Feuer oder Hochwasser vernichtet worden. Des Weiteren sollte man sich bei der Gemeinde einen aktuellen Auszug des Grundbuchs beschaffen, woraus die Besitzverhältnisse zu ersehen sind. Zusätzliche Informationen sind möglicherweise bei Heimatschutzvereinen und Museen mit ihren Schätzen an Bildmaterial aller Art einzuholen.

Als vorrangig wichtige Quelle sind alte Flurkarten zu sehen, welche den Standort des Umgebindehauses enthalten können und die über die damalige Erschließung Aufschluss geben. Nicht zuletzt gibt es mögliche mündliche Überlieferungen von interessierten Nachbarn. Die bestehenden zeichnerischen Bestandsaufnahmen und Entwurfspläne sind nicht nur für die Baubeschreibung relevant, weil sie die Hausdimensionen wiedergeben, sondern auch häufig mehrere Hinweise zum Besitzer, das Datum des Bauantrags und der Baugenehmigung, den Planersteller, die Baufirma und die ehemalige Hausfunktion enthalten.

Neben Wohn- und Bauernhaus sind in der Region Weberhaus, Kretscham oder Schänke, wo auch das Dorfgericht tagte, Pfarrhaus, Dorfschule und Waisenhaus ausgewiesene Hausfunktionen. Für Fachleute sind unter Umständen von alten Bauzeichnungen weitere Hinweise am Zeichenstil und an der Papierart ablesbar. Stempel verraten Angaben zum Baumeister, etwa ob dieser sich Architekt nannte, woraus man entnehmen kann, dass er studiert hatte. Übrigens gab es nur höchst selten weibliche Architekten.
Die Baubeschreibung soll von einer fotografischen Dokumentation begleitet werden, wobei man nicht sparen sollte, um möglichst vieles vom unsanierten Haus darzustellen.

Einzelne Schäden am Haus, etwa Putzabplatzungen oder Löcher in den Decken sind für den Architekten und Bauingenieur von großer Bedeutung, weil sie Aufschluss über viele konstruktive Dinge und manchmal über verdeckte, denkmalrelevante Zustände geben können, wie beispielsweise bemalte Decken und Wände hinter Gipskarton. Es empfiehlt sich auch, eine Chronologie in die Baubeschreibung aufzunehmen, die alle Daten zum Haus festhält.
Am Anfang ist es relevant, das Gründungsjahr der Gemeinde, in dieser Region oft im 13. Jh. zu nennen. Nach der Ordnung der geschichtlichen Fakten zum Haus lassen sich die Hausteile besser einzeln beurteilen und es kann für die Sanierung diskutiert werden, was wesentlich ist und erhalten werden sollte. An Hand dieser detaillierten Hausgeschichte gibt es für den Hausherren und den Architekten die Möglichkeit, in Abstimmung mit der Denkmalbehörde, den Stil des Hauses zu bestimmen: zum Beispiel, ob man mehr das bäuerliche Haus von 1800 oder die Nutzung als Pfarrhaus im späten 19. Jh. in der Zukunft beibehält.

Bauaufnahme - (Lit. 1, 3, 18)

Die Bauaufnahme enthält meist Grundrisse, einen Dachplan, Schnitte und die vier Ansichten, sowie den eingenordeten Lageplan. Es ist ein Maßstab 1:100 üblich, aber für Umgebindehäuser sollte man, zur besseren Darstellung der Holzkonstruktion 1:50 nehmen. Unerlässlich ist es, vom Umgebindehaus weitere Aufmaße zu erstellen, welche in Maßstab 1:10 oder größer die Holzverbindungen im Detail zeigen.
Es ist darauf hinzuweisen, dass Fachleute qualitativ zwischen Bauaufnahmen die sehr einfach sind, wie eine kleine Planskizze mit Hauptmaßen, entstanden bei der ersten Besichtigung, bis hin zum verformungsgerechten Aufmaß, das detailliert Setzungen und Schadstellen eines Hauses darstellt, unterscheiden.

Schadenskartierungen werden üblicherweise auf Kopien der Bauaufnahmen oder auch direkt in der Zeichnung oder einem Foto festgehalten. Mittlerweile gibt es in Ergänzung zum Zollstock viele handliche elektronische Geräte wie Laser-Distanzmesser und Geräte für die Höhennivellierung. Es ist sinnvoll, die Erstellung der Bauaufnahme durch das Architektenteam durchführen zu lassen, das die Sanierung plant, weil so das Wissen um das Haus, das die Vermesser bei ihrer recht mühsamen Arbeit erhalten, später genutzt wird.
Allerdings kann es notwendig und gewünscht sein, Vermessungsbüros die Bauaufnahme erstellen zu lassen. Bei höherem Anspruch an die Genauigkeit oder zur Einmessung größerer Bauten und eines Geländes mit Höhendifferenzen können sie die richtigen geodätischen Methoden vorweisen. Die Erfahrung zeigt aber, dass um Fehlinterpretationen der Messdaten zu vermeiden das bauhistorische Wissen immer vorhanden sein sollte.

Bei manchen Architekturbüros ist die Bauaufnahme ein weniger beliebtes Arbeitsthema. Diese Aussage kann man nach den finanziellen Auswirkungen des Arbeitsaufwandes ermessen. Die Bauaufnahme ist ganz am Anfang einer Sanierungsmaßnahme durchzuführen und kann, zusammen mit der statischen und bauphysikalischen Überprüfung, zu dem Ergebnis führen, dass das Projekt scheitert.
Welcher Bauherr lässt sich da vom Architekten schon gern die Rechnung für die Bauaufnahme, einige Jahre vor Fertigstellung des Bauobjekts zeigen (Kapitallast)?
Wenn das Büro seinen Mitarbeitern auferlegt, die Bauaufnahme schnell, also oberflächlich, zu machen, sind folgenschwere Fehler in der weiteren Planung vorprogrammiert. Das beschriebene Problem ist real. Es wäre gut, wenn – wie an Hochschulen und Universitäten traditionell im praxisnahen Lehrangebot üblich– Architekturstudenten weiterhin Bauaufnahmen von wichtigen Objekten auf Halde machen, weil dadurch – ohne größere Kosten – der Sanierungsprozess wesentlich beschleunigt wird. Solche Bauaufnahmen sollten sinnvoll, sowohl in der „Hausmappe“ des Besitzers, als auch bei der Baubehörde oder Stadtentwicklungsgesellschaft aufbewahrt werden.

Man könnte die Bauaufnahme auch als die Kür der architektonischen Zeichnung bezeichnen, also sind im Vergleich zur Entwurfszeichnung noch differenziertere Aussagen möglich. Mittlerweile hat die Bauforschung mit Hilfe ausgefeilter Methoden die Bauaufnahme derart verfeinert, dass hier die meisten neuen Erkenntnisse zur Baugeschichte gewonnen werden.

Bauzustandsanalyse

Neben den genannten Unterlagen Baubeschreibung und Bauaufnahme ist zur Vorbereitung einer Sanierung anschließend eine Bauzustandsanalyse notwendig. Die Bauzustandsanalyse dokumentiert mit Hilfe von Fotos und genaueren Untersuchungen die Schäden. Sie wird in die Kopien der Bauaufnahme eingetragen. Zu diesem Problemfeld können eine Reihe spezifischer Untersuchungen des Hauses notwendig sein. Bei komplexeren Restaurierungen betreffen sie etwa Statik, Baugrund, Farbe, Technikgeschichte, Baustoffe, Akustik, Holzschädlinge, Haustechnik und Bauphysik.